Kettensägenattentat
Der Kettensägentäter geht um!
Nichts Böses ahnend betrat Jürgen H. seinen Garten. Im ersten Augenblick glaubte er seinen Augen nicht zu trauen. Die riesige Efeuwand, die eine hässliche Häuserrückseite kaschierte, war in sich zusammen gebrochen - Ground-Zero in der Kurzestraße.
Jahrelang hatten Jürgen und Kriemhild H. die Schlingpflanze Hochwachsen lassen um dann, nach vielen Jahren, ihr Ziel zu erreichen: Eine geschlossene Pflanzenflechte. Sie haben jedoch nicht mit dem Kettensägentäter gerechnet, der seit einiger Zeit, die Feldmark unsicher macht. Gartengrundstücke, die bis gestern noch grüne Pflanzenoasen waren, verwandelt der Gewohnheitsvandale über Nacht in karge Hinterhöfe. Mit einer Kettensäge bewaffnet (Marke Black & Decker) gelingt es dem bisher unbekannten Täter in kürzester Zeit ein Bild der Verwüstung anzurichten. Auch auf dem Nachbargrundstück war er bereits aktiv und hat dort alles was ihm unter die Säge kam radikal gestutzt.
Wie kann es soweit kommen? Verhaltenspsychologe Dr. Karl Schlag deutet ein solches Bedürfnis" zum Extremsägen als zwangsneurotische Kompensation frühkindlich erlebter Ohnmachtsphantasien. Der Täter durchlebt dabei Lebensphasen, in denen er sich aufgrund mangelnder Zuneigung durch die nächsten Bezugspersonen selbst beschnitten" gefühlt hat, neu und rächt" sich im Nachhinein für verschiedenartigste Verlusterlebnisse. Eine Aussicht auf Heilung bestehe nicht, da der immer wieder erlebte Erfolg beim Sägen zu einer Form der Dauerkonditionierung führt. Erschwerend kommt hinzu das herbstlicher Radikalbebschnitt allgemein gesellschaftlich akzeptiert, ja geradezu erwünscht ist. Dem cleveren Täter wird man wohl nicht habhaft werden