Weinstubenwirt bessert sich
In Memoriam Helmut Vogt
Weinstubenwirt auf dem Weg der Besserung!
Ich fühl" mich heut" so jung! , trällerte Helmut V. noch nachmittags auf dem Hof seines Anwesens. Es war einer jener tückischen Tage an denen man morgens nicht genau weiß, ob man sich eher warm oder luftig anziehen soll.
"Helmut, zieh" dir deinen dicken Pulli an. Du holst Dir sonst noch was weg! , hatte Ehefrau Jutta noch morgens dem unschlüssigen Gatten geraten. Doch sei es nun aus einem Anflug frühkindlichen Trotzes oder einer Überschätzung seiner nicht mehr ganz juvenilen Kondition: Helmut zog sich an, als wäre es noch Hochsommer.
"Habe ich es nicht gleich gesagt, aber auf mich hörst Du ja nie! , waren dann auch die ersten, unvermeidlichen Worte Juttas, als diese gegen Abend heimkehrte und ihre Prophezeiung bestätigt fand. Den ganzen Tag hatte der Weinstubenwirt bei Wind und Wetter fast ungeschützt bei Außenarbeiten zugebracht und spürte nun erste, ernsthafte Anzeichen einer nahenden Erkrankung. "Da ist schwer was im Anzug! , stöhnte der Gepeinigte und schilderte seiner Ehefrau genauestens Art und Ausmaß der Symptome.
Zu diesem Zeitpunkt hatte Helmut V. mittels eigener, kontinuierlich durchgeführter und akribisch schriftlich erfasster axillarer Temperaturmessungen eine subfebrile Körpererwärmung festgestellt. Wichtige Daten, die der folgenden ausschließenden Diagnostik durch Ehefrau Jutta wesentliche Hinweise, zur Eingrenzung von Typus und Schwere der Erkrankung, lieferten. Nach einigen abgleichenden Zusatzuntersuchungen war kein Zweifel an der Diagnose der Ehefrau mehr möglich. Jutta eröffnete ihrem Mann ihre ernste Einschätzung.: "Helmut, Du hast mit größter Wahrscheinlichkeit eine Erkältung!
"Oh Gott, oh Gott, ist kein Zweifel möglich? , war dann auch die erste Reaktion des geschockten Ehemannes. Der weitere Verlauf dieses schicksalhaften Abends, bestätigte Juttas Bewertung: Helmut hatte sich eine besonders aggressive Form eines grippalen Infektes hinzugezogen: Influenza dramatica!
Das tückische an dieser Krankkeitsform ist die Harmlosigkeit ihres äußeren Erscheinungsbildes. Unerfahrene Diagnostiker verwechseln sie leichtfertig mit einem harmlosen Infekt. Besonders die relativ niedrige Körpererwärmung suggeriert eine absolut nicht vorliegende Harmlosigkeit und führt häufig zu Fehlinterpretationen.
Als das Fieber die kritische Marke von 38 Grad überschritt, wurde auch die mehrfachbegabte, erfahrene Finanzbeamtin unsicher. Schließlich verschlechterte sich der Gesundheitszustand ihres Gatten soweit, dass die behandelnde Ehefrau sich entschloss einen weiteren Fachmann zu Rate zu ziehen. Der konnte ihre Diagnose jedoch nur bestätigen und die bereits durch Jutta eingeleitete Intensivtherapie "als einzig richtige Entscheidung gutheißen.
Nach mehren, Krisengeschüttelten Tagen, war Helmuts Lebensoptimismus ernsthaft gefährdet. "Es hat doch alles keinen Sinn mehr! waren die wenigen Worte die man, von dem nun auch seelisch angeschlagenen Weinstubenwirt, vernehmen konnte. Da kam Jutta Theresa von der Feldmark der rettende Einfall, neben der rein physiologischen Therapie, zusätzlich einen psychosomatischen Ansatz zu erproben. Helmuts langjähriger Freund Luschen musste her und Helmut aufmuntern. Dem versierten Kenner von Körper-Seele Zusammenhängen , gelang es durch eine ebenso eigenwillige, wie umstrittene Form der Psychotherapie ("Wesentliche Bestandteile meiner Behandlung sind Frischluft, Körperentgiftung und positive Suggestionen. ), einen wesentlichen Beitrag zur folgenden , nun schnell einsetzenden Genesung zu leisten.
Seit einiger Zeit arbeitet Helmut nun wieder im Garten. Gelegentlich öffnet Jutta das Fenster und ruft besorgt: "Helmut, zieh" dir was Warmes an! ...